EinStueckLand – ein Interview

Print Friendly, PDF & Email

Während  meiner langen Sommerpause hab ich natürlich am Blog weitergearbeitet, wenn auch im Hintergrund. In dieser Zeit haben Lina und Hinrich von Ein Stueck Land – iss besonders  mit mir Kontakt aufgenommen.

Foto: Hinrich Carstensen /// www.hinrichcarstensen.de

Da ich generell von einem verantwortungsvollem Umgang mit Lebensmitteln überzeugt bin und Lina und Hinrich einen aus meiner Sicht tollen Ansatz verfolgen, hab ich mich drüber gefreut, dass die beiden mir für ein Interview zur Verfügung standen. Letzte Woche nun schickten sie mir auch noch einen Rinderbraten sowie einige Bratwürste zum Testen zu! Was soll ich sagen, Qualität und Geschmack haben mich echt überzeugt! Das Bratenrezept findet ihr hier, aber zunächst erstmal die Fragen…

 

Wie lange habt ihr in etwa gebraucht, von der Idee des online-direkt-Verkaufs bis ihr die ersten Pakete dann tatsächlich verschickt habt?

Wir hatten die Idee im Januar 2017 und im Juli 2017 haben wir die ersten Fleischpakete verkauft.

Das waren für uns wirklich stressige Monate, aber wir hatten das Ziel vor Augen bis Juli online zu sein. Wir haben es gerade so geschafft, aber einige Nerven hat es gekostet. Wir müssen aber auch sagen, dass wir eine Menge toller Leute als Unterstützung hatten und immer Glück bei der Wahl unserer Dienstleister hatten, wie z.B. bei der Wahl der Webagentur, die unsere Internetseite in enger Zusammenarbeit mit uns gestaltet hat. Wir haben ein wirklich rundes Konzept und das macht uns sehr glücklich und stolz.

 

Ich stelle es mir nicht einfach vor, im doch eher traditionsorientierten landwirtschaftlichen Umfeld die Idee des Fleischverkaufs über das Internet durchzusetzen. Hattet ihr mit großen Widerständen/Bedenken zu kämpfen oder waren gleich offene Türen da?

Das ist eine wirklich gute Frage. Gleich zu Beginn haben wir alle Gallowayzüchter in Schleswig-Holstein angeschrieben und gesagt: Hier sind wird. Wir wollen den Landwirten helfen, die bei der Selbstvermarktung Probleme haben. Wir haben einige nette Antworten bekommen, aber auch einige böse Meldungen. Darüber haben wir aber hinweg gesehen und uns nicht beirren lassen. Jedenfalls war das Feedback eher verhalten. Ich denke mal, dass viele dachten: „Reden kann jeder, die sollen erstmal zeigen was dahinter steckt.“ Nachdem wir jetzt 2 Monate online sind, schreiben uns aber immer mehr Landwirte an, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben und das finden wir toll. Genau das möchten wir. Wir wollen helfen, unterstützen und das Lebensmittel Fleisch wieder mit einer fairen Bezahlung wertschätzen. Daher bieten wir den Landwirten natürlich einen besseren Preis, als sie sonst bekommen würden.

Foto: Hinrich Carstensen /// www.hinrichcarstensen.de

 

Habt ihr schon feedback von euren Kunden? Wenn ja: welches?

Wir haben durchweg positives Feedback. Dieses Feedback zeigt uns auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind und den Menschen, die Wert auf das Tierwohl und auf Qualität legen, eine Anlaufstelle bieten. Ab und an passieren natürlich kleine Fehler, da Lina und ich alles ganz alleine stemmen, aber selbst dann bekommen wir positive Rückmeldungen, weil wir immer offen und ehrlich kommunizieren und unsere Kunden immer direkt am Geschehen teilhaben lassen. Wir verstecken nichts und wir wollen offen und ehrlich mit jedem umgehen. Wir können all das auch nur zu zweit machen, weil wir eine riesen Unterstützung durch unsere Eltern bekommen. In den letzten Wochen wurde oft viel Arbeit abgenommen, da wir mit so einem Ansturm nicht gerechnet hätten.

Die positiven Rückmeldungen handeln natürlich von dem sehr gut schmeckendem Fleisch, über unsere Portionsgrößen und Vakuumbeutel, von unseren tollen Versandverpackungen, die mit Stroh isolieren, bis hin zu unserem zuvorkommenden und ehrlichen Kundenservice und sogar zur Spedition und deren Fahrer, die immer saubere und aufgeräumte Transporter hat! Also wie Du siehst, durchweg positiv in allen Bereichen!

 

Es tummeln sich div. Versender von Frischfleischpaketen am Markt. Da gibt es Schweineleasing, Rinderbeteiligung, Edelsteakpakete, Rind ab Hof mit Suppenknochen zum Mitnehmen, Schweinepatenschaft vom Ferkel bis zur Leberwurst im Glas etc. Was macht ihr anders als die Konku(h)rrenz?

Wir wissen natürlich, dass wir nicht alleine sind. Unsere direkten Konkurrenten sind jedoch die, die Gallowayfleisch vermarkten. Diese Vermarkter bieten häufig nur Fleisch in sehr großen Portionen (10kg) an und dann nur per Selbstabholer. Das können viele Kunden gar nicht leisten. Andere Züchter verschicken das Fleisch auch, doch der Internetauftritt ist einfach nicht mehr der heutigen Zeit entsprechend und ein Kunde hat es schwer zu verstehen, wie und wo man bestellen kann. Darüber hinaus wird dann sehr häufig mit Styroporisolierung verschickt und die Kühlakkus bestehen aus Wasser mit Zugabe von Kühlmitteln (Chemie). Das war und ist für uns alles keine Option. Deswegen haben wir von Anfang an gesagt: Wir wollen nur natürliche Produkte verwenden! Wir isolieren mit Stroh und kühlen mit Wasser. Alles ist kompostierbar. Eine tolle Sache, denn das Stroh kannst du z.B. als Winterschutz oder für dein Kaninchen verwenden und das Wasser zum Gießen der Pflanzen.

Bezüglich unserer direkten Konkurrenten: Bei uns ist das Konzept durchdachter. Unsere Pakete sind besser zusammen gestellt, die Portionen sind mit z.B. 300g Hack Beuteln perfekt auch für kleine Haushalte, unsere Landwirte betreiben alle eine extensive Weidehaltung, die Kälber werden nicht von ihren Müttern getrennt, wir unterstützen eine Dorfschlachterei, die Fahrtwege der Tiere sind sehr kurz, da alles in Schleswig-Holstein stattfindet, unsere Versandboxen sind kompostierbar, wir kühlen mit Wasser, unsere Spedition ist ein Qualitätsunternehmen und leistet sich keine Fehler und wir stehen zu 100% hinter dem was wir machen. Bei uns geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern um ein Unternehmen, was alle daran Beteiligten fair bezahlen möchte und tut.

 

Warum habt ihr euch für Galloway entschieden? Wegen der Exklusivität am Markt, der Robustheit der Tiere oder am Ende wegen des ausgezeichneten Geschmacks?

Wir haben uns für Galloways entschieden, da diese Rasse unter anderem von vielen Züchtern in Schleswig-Holstein gehalten wird, da sie sehr robust ist und ohne Medikamente gut überlebt und auch über den Winter kommt und weil die Eltern von Hinrich eigene Galloways haben. Daher ist die Nähe zu dieser Rasse schon seit 30 Jahren gegeben. Natürlich ist es dann schön zu wissen, dass dieses Fleisch auch als exklusive Fleischsorte und auch als Premiumfleisch gehandelt wird. Aber deshalb haben wir uns nicht für Galloways entschieden. Uns schmeckt es einfach sehr gut.

 

Den Ansatz generell weniger Fleisch zu verzehren und wenn dann nur verantwortungsvoll erzeugtes haben die meisten der genannten Konzepte, warum sollte ich bei euch kaufen?

Viele Anbieter können sofort von der Liste gestrichen werden, da es eigentlich keine Option sein sollte, dort zu kaufen (e.g. Otto Gourmet etc.). Es wird ein Steak bestellt und ein Transportunternehmen fährt quer durch Deutschland, um es zum Kunden zu bringen. Mal ganz davon abgesehen, dass es vorher schon aus Argentinien importiert wurde.

Bezüglich unserer direkten Konkurrenten: Wir können zu 100%iger Sicherheit sagen, dass unsere Tiere so natürlich wie es nur geht aufwachsen. Mutterkuhhaltung, Herdenverband, extensiv, keine Medikamente. Das ist bei anderen nicht der Fall. Es wird zwar mit Biosiegeln geworben, doch das bedeutet nicht, dass diese Rinder nicht vorher schon 8 Jahre Milch gegeben haben, dass Sie unter freiem Himmel auf Weideflächen laufen oder die Kälber bei der Mutter gelassen werden. Außerdem gibt es bezüglich Gallowayfleisch keine direkte Konkurrenz von uns. Letzten Endes freuen wir uns immer über weitere Vermarkter, denn wir können nicht jedem Landwirt die Möglichkeit geben, mit uns die Tiere zu vermarkten.

 

Könntet ihr bitte extensive Weidehaltung mal kurz erläutern? Ich mein, der Leser kanns auch googeln oder bei Wikipedia nachkucken, aber im Interview von euch erklärt wär stimmiger 😉

Die extensive Tierhaltung (Weidehaltung) ist der Gegensatz einer intensiven Tierhaltung. Eine extensive Weidehaltung zeichnet sich durch eine naturnahe Beweidung aus, bei der die Tiere das ganze Jahr über unter freiem Himmel auf Weiden laufen. Sie zeichnet sich außerdem durch eine großflächige Landnutzung aus, bei geringem Viehbesatz. Tiere aus einer extensiven Weidehaltung sind sehr gesund und wachsen sehr natürlich und artgerecht.

 

Wie stellt ihr die Rückverfolgbarkeit sicher? Per Ohrmarkennummer, per ‚Passbild‘ auf dem fertigen Produkt oder habt ihr ein eigenes System?

Wir haben den kompletten Stammbaum. Wir können das Geburtsdatum nennen, natürlich das Geschlecht und auch die regelmäßigen Gewichte und Tierarztprotokolle. Dem Kunden geben wir auf unserer Internetseite die letzten 4 Ziffern der Ohrmarke, das Geschlecht, Alter und Herkunft. Wenn mehr und detaillierte Informationen benötigt werden, dann kann man uns gerne anschreiben.

Wenn der Kunde sein Fleischpaket gekauft hat, dann hat er sich an einem Rind beteiligt. Diese Ohrmarke findet er am Ende auf seinem Fleischpaket wieder. Die schreiben wir auf den Aufkleber, den wir auf den Karton kleben.

 

Könnt ihr mir bitte eure Standards erklären, anhand derer ihr die Betriebe zur Zusammenarbeit auswählt?

Für uns ist zum Einen der Gesamteindruck wichtig, zum Anderen gucken wir uns die Landwirte und deren Höfe genau an. Wir achten z.B. bei der Hofwahl auf die folgenden Dinge:

  • Weidefläche (Aussehen, Größe, Beschaffenheit)
  • Equipment (Gatter, Zäune, Raufen, Trinkwasserversorgung)
  • Galloways (Aussehen, Vitalität, Anzahl)

    Foto: Hinrich Carstensen /// www.hinrichcarstensen.de

  • Zufütterung (Produkte, Menge, Lieferant)
  • Landwirt (Respekt zum Tier, Herangehensweise bei der Zucht, Sympathie)
  • Hof (Zustand, Lage)

 

Anhand dieser Standards stellt ihr euch lt. HP bewusst gegen Bio-Zertifikate. Warum? Ich mein Bio is doch gut, oder?

Im Prinzip ist Bio gut, natürlich. Aber der Bio-Hype geht für uns in die falsche Richtung. Bio Kartoffeln aus Afrika. Sind die dann noch Bio? Bezüglich unserer Landwirte: Unsere Landwirte betreiben die Zucht häufig aus Freude an den Tieren. Hobby bleibt es auch häufig, weil heutzutage einfach kein Geld mehr damit verdient werden kann, jedenfalls nicht mit einer extensiven Weidehaltung und wenig Tieren. Wenn diese Landwirte sich dann auch noch um eine Bio-Zertifizierung kümmern müssen, die auch noch Geld kostet, dann fra

gt man sich: Warum? Aus diesem Grund schauen wir uns die Betriebe an. Wenn die Tiere das ganze Jahr auf der Weide laufen, nur Gras zu fressen bekommen, Wasser aus dem Brunnen trinken und keine Medikamente bekommen, dann sollte das doch höherwertiger als Bio sein, oder? Unter einem Bio-Zertifikat müssen die Tiere übrigens nicht zwangsläufig unter freiem Himmel gehalten werden. Aber das wäre eigentlich für mich bio. Daher: Wir setzen auf den Respekt zum Tier, in das Vertrauen zu unseren Landwirten und schaffen damit sozusagen unser eigenes Zertifikat.

 

Was passiert bei euch mit den Innereien, also z.B. Herz und Leber?

Bis jetzt behält unser Schlachter die Innereien. Bald wollen wir aber die Innereien selbst an unsere Kunden verkaufen. Wahrscheinlich aber nur für Selbstabholer. Der Standort wird dann noch über unseren Newsletter bekannt gegeben.

 

Ihr isoliert mit Stroh anstatt mit Styropor?

Ja genau. Das war für uns von Anfang an wichtig. Stroh ist ein gutes Material zur Isolierung, das es sehr viel Luft enthält. In der Kombination mit unserem Express Logistik Unternehmen kommt alles gut gekühlt bei unseren Kunden an. Die perfekte Lösung für uns.

Vielen Dank für das offene und ausführliche Interview. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg!

Wenn's gefällt, sagt es bitte weiter:

Kommentare sind geschlossen.